2015 wur­de das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men rati­fi­ziert – wie steht es heu­te um den Hoffnungsträger?

Wenn wir über glo­ba­le Pro­ble­me nach­den­ken, dann fal­len uns meist Sachen wie der Anstieg des Mee­res­spie­gels, aus­tra­li­sche Wald­brän­de oder die Aus­rot­tung von natür­li­chen, tro­pi­schen Bio­to­pen ein. Dabei ist es nicht son­der­lich schwer fest­zu­stel­len, dass die­se Ereig­nis­se mit dem Kli­ma­wan­del zu tun haben. 

Wahr­schein­lich sind die­se Pro­ble­me den meis­ten Men­schen vor allem durch die „Fri­days for Future“-Demonstrationen bewusst gewor­den. Das deut­sche Pen­dant der Bewe­gung kri­ti­siert nicht nur den Umgang der Bun­des­re­gie­rung mit der Kli­ma­kri­se, son­dern pran­gert auch die Art und Wei­se an, und dass ärme­re Län­der an öko­lo­gi­schen Revo­lu­tio­nen nicht teil­ha­ben kön­nen, weil die Unter­stüt­zung durch wohl­ha­ben­de­re Staa­ten fehlt. Zuletzt war es das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men aus dem Jahr 2015, das die gan­ze Welt zum Auf­hor­chen brach­te. 195 Ver­trags­par­tei­en erar­bei­te­ten einen Schlacht­plan, um die Erd­er­wär­mung zu stop­pen und das Kli­ma­pro­blem aufs Abstell­gleis zu befördern.

Theorie und Praxis klaffen auseinander

Nun stellt sich die Fra­ge, was es mit die­sem Abkom­men auf sich hat. Wie rea­lis­tisch es ist, dass die­ser Ver­trag unser Kli­ma ret­ten kann und was müs­sen wir als Indi­vi­du­en über staat­li­che Akzen­te hin­aus tun, um gegen die glo­ba­le Kli­ma­kri­se anzukämpfen? 

Vie­le Län­der der Welt haben mitt­ler­wei­le fest­ge­stellt, dass der Kli­ma­wan­del ein ernst­haf­tes Pro­blem ist. Mit dras­tisch zuneh­men­den Natur­ka­ta­stro­phen wur­den Staats- und Regierungschef*innen immer kri­ti­scher ange­guckt, wenn sie von Zu- und Ein­zel­fäl­len spra­chen. Man setz­te sich des­we­gen 2015 zusam­men und einig­te sich ver­trag­lich auf revo­lu­tio­nä­re Ziel­set­zun­gen, um den Kli­ma­wan­del zu stop­pen. Eine der Spit­zen­prio­ri­tä­ten ist es dabei, die Erd­er­wär­mung deut­lich unter zwei Grad Cel­si­us zu hal­ten – opti­mal wäre es, sie sogar auf weni­ger als 1,5 Grad Cel­si­us zu begren­zen. Anders als im Kyo­to-Pro­to­koll von 1997 wur­den Staa­ten durch die Rati­fi­zie­rung des Pari­ser Kli­ma­ab­kom­mens völ­ker­recht­lich dazu ver­pflich­tet, Maß­nah­men zur Erfül­lung der Zie­le ein­zu­füh­ren und natio­na­le Kli­ma­schutz­zie­le zu definieren.

Baustellen an jeder Ecke

Die Ideen klin­gen ein­fach, gut und schön. In der Pra­xis ist es aber ziem­lich schwie­rig, die Infra­struk­tur eines Lan­des kom­plett auf den Kopf zu stel­len, um weni­ger CO2 aus­zu­sto­ßen. Es bedarf nicht nur an For­schun­gen in ver­schie­dens­ten Berei­chen, son­dern vor allem auch an finan­zi­el­len Mit­teln. Laut Berech­nun­gen des Welt­kli­ma­rats IPCC müs­se der welt­wei­te CO2-Aus­stoß bis zum Jahr 2030 um 45% fal­len und bis 2050 auf null Pro­zent redu­ziert werden.

Letz­te­res ist mit den heu­te ver­füg­ba­ren Mit­teln eine Sache der Unmög­lich­keit. Das ist das größ­te Pro­blem des Pari­ser Kli­ma­ab­kom­mens – dass man revo­lu­tio­nä­re Zie­le anvi­siert hat und dabei vor­aus­setz­te, die für die Ein­hal­tung unbe­dingt nöti­gen tech­ni­schen Mit­tel noch zu erfin­den. Das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men noch sah die Abschaf­fung von Koh­le­kraft­wer­ken vor. Auch die Emis­sio­nen ande­rer Indus­trien mit hohem CO2– Aus­stoß, wie etwa die der Stahl­in­dus­trie, der Zement­her­stel­lung oder der Vieh­zucht, soll­ten stark ein­ge­schränkt werden.

Dass der glo­ba­le CO2-Aus­stieg nach 2015 wei­ter stieg, dar­un­ter auch in Deutsch­land, und dass in vie­len Tei­len der Welt eine Rei­he von Koh­le­kraft­wer­ken bis heu­te neu eröff­net wer­den, ist wohl Aus­druck für die uto­pi­sche Ziel­set­zung des Pari­ser Klimaabkommens. 

Auch Deutschland tut sich schwer

Deutsch­land ver­sucht, sei­ne Kli­ma­zie­le zu errei­chen, indem es bei­spiels­wei­se die For­schung für die Redu­zie­rung des CO2-Ver­brauchs bei der Stahl­schmel­ze der Salz­git­ter Flach­stahl AG finan­ziert. Der Nut­zen ist trotz hoher Kos­ten ange­sichts der Grö­ße der Auf­ga­be gering. 

Wer jedoch den­ken mag, dass Deutsch­land aus­schließ­lich aus phil­an­thro­pi­schen Grün­den gegen den Kli­ma­wan­del kämpft, könn­te fal­scher nicht lie­gen. Denn auch in Zen­tral­eu­ro­pa bedro­hen uns die Gefah­ren der Erd­er­wär­mung. Viel­leicht erin­nert man sich an die tra­gi­schen Flu­ten in Brauns­bach 2016, als ein gan­zes Dorf in weni­gen Stun­den vom Geröll begra­ben wur­de und Schä­den in Höhe von 100 Mil­lio­nen Euro ent­stan­den – hier ist nur von einem klei­nen Dorf die Rede. Auch die zuneh­men­de Hit­ze ist ein Pro­blem. Zwar ist das deut­sche Wet­ter nicht wirk­lich für medi­ter­ra­ne Ver­hält­nis­se bekannt, jedoch ist über­durch­schnitt­li­che Wär­me gera­de für älte­re Men­schen ein zusätz­li­cher Risi­ko­fak­tor. 40 Grad Cel­si­us am Strand sind nicht gleich 40 Grad Cel­si­us im Plat­ten­bau ohne Kli­ma­an­la­ge. Sta­tis­ti­ken zei­gen, dass sich die Leta­li­tät an beson­ders hei­ßen Tagen verdoppelt.

Die Uhr tickt

Wenn die Zie­le des Pari­ser Kli­ma­ab­kom­mens nicht ein­ge­hal­ten wer­den, kann das welt­weit extre­me Fol­gen haben. Expert*innen spre­chen von einer mög­li­chen Kli­maspi­ra­le. Wür­de die Erd­tem­pe­ra­tur um mehr als zwei Grad Cel­si­us im Ver­gleich zur Zeit vor der Indus­tria­li­sie­rung stei­gen, dann könn­ten wir in einem Teu­fels­kreis gefan­gen sein, der die Erwär­mung kon­stant wei­ter beschleu­nigt. Der Kli­ma­wan­del ist folg­lich nicht nur ein loka­les son­dern in der Tat ein glo­ba­les Problem.

Der Kampf gegen den Kli­ma­wan­del ist eine Auf­ga­be für die gan­ze Mensch­heit. Lei­der gibt es dar­über nicht wirk­lich einen Kon­sens. Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka kün­dig­ten unter Donald Trump das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men auf. Gro­ße finan­zi­el­le Mit­tel gin­gen ver­lo­ren und vie­le For­schungs­ein­rich­tun­gen muss­ten zurück­ru­dern – ein fata­les Signal. Auch wenn Joe Biden als eine sei­ner ers­ten Amts­hand­lun­gen die­sen Schritt annul­lier­te, ist die USA mit knapp 14 Pro­zent aller glo­ba­len Luft­ver­schmut­zung durch CO2 der zweit größ­te Emis­si­ons­rie­se nach Chi­na. Auch in Ent­wick­lungs- und Schwel­len­län­dern, in denen eine Mehr­heit der welt­wei­ten Bevöl­ke­rung lebt, sehen die Prio­ri­tä­ten mehr als schlecht aus.

Innovation statt Stagnation

Es macht einen gro­ßen Unter­schied, wenn jede*r dar­auf ach­tet, seinen*ihren CO2-Fuß­ab­druck zu ver­rin­gern. Vie­le Was­ser­trop­fen kor­re­lie­ren zu einem star­ken Fluss, der die Welt ver­än­dern kann.

Leon­hard Sie­wert, Autor bei der Herderzeitung

Mit heu­ti­gen Tech­no­lo­gien ist eine Redu­zie­rung des CO2-Aus­sto­ßes auf null Pro­zent bis 2050 unrea­lis­tisch. Das bedeu­tet aber nicht, dass man den Kampf gegen den Kli­ma­wan­del auf­ge­ben soll­te. Es macht einen gro­ßen Unter­schied, wenn jede*r dar­auf ach­tet, seinen*ihren CO2-Fuß­ab­druck zu ver­rin­gern, sei es, indem man das Fahr­rad anstel­le des Bus­ses ver­wen­det oder indem man auf eine Urlaubs­rei­se mit dem Flug­zeug ver­zich­tet. Vie­le Was­ser­trop­fen kor­re­lie­ren zu einem star­ken Fluss, der die Welt ver­än­dern kann. Wir brau­chen mehr For­schung und Inno­va­ti­on. Die Grund­la­ge für die erfor­der­li­chen neu­en und CO2-frei­en Tech­no­lo­gien sind Bil­dung, Krea­ti­vi­tät und neu­es Den­ken. Die Mensch­heit zeich­net sich dadurch aus, dass sie in der Ver­gan­gen­heit neue Lösun­gen für exis­ten­zi­el­le Pro­ble­me gefun­den hat – sie kann das sicher auch in der Zukunft tun.

Wuss­test du schon, wie kli­ma­schäd­lich Strea­ming wirk­lich ist? Wir haben die Behaup­tung für dich untersucht.

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