Der Koalitionsvertrag der Ampel ist fertig: Der Titel „Mehr Fortschritt wagen” klingt vielversprechend und lässt gleichzeitig Raum für Interpretationen.
Am 24. November 2021 um 15 Uhr wurden sie öffentlich gemacht – die lange ersehnten Inhalte des Koalitionsvertrages zwischen der SPD, den Grünen und der FDP. Doch was genau steht drin und welche Hoffnungen und Erwartungen entstehen daraus für die Jugendlichen?
Nach der Bundestagswahl am 26. September wären dem Ergebnis zufolge drei Koalitionen möglich gewesen. Eine sogenannte „Große Koalition” (GroKo) aus SPD und CDU/CSU, eine „Jamaika-Koalition“ zwischen FDP, CDU und Grünen oder eine Ampelkoalition mit SPD, Grünen und FDP. Mit der Wahl der Ampel setzten die Sozialdemokrat*innen ein deutliches Zeichen – denn so zwangen sie die widerwillige Union in die Opposition.
In ihrem Koalitionsvertrag setzten sich die Parteien ehrgeizige Ziele. Beispielsweise soll der Mindestlohn auf 12 Euro die Stunde steigen, Kinderrechte sollen im Grundgesetz verankert und der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert werden. Auch in direkter Hinsicht auf Kinder und Jugendlich soll sich in Zukunft einiges ändern.
1. Wahlrecht ab 16 Jahren Es ist kein Geheimnis, dass alle beteiligten Koalitionspartner*innen seit längerer Zeit die Absenkung des Wahlalters anstreben. Was bis dato von der Union blockiert wurde, steht nun auf der Agenda. Dabei soll das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren für den Bundestag und das Europäische Parlament gelten. Aktiv bedeutet, dass man sowohl Kandidat*innen wählen kann, als auch selbst die Möglichkeit hat zu kandidieren. Dafür braucht es eine Änderung des Grundgesetzes. Für die Europawahlen könnten die Ampelparteien diese Reform mit einfacher Mehrheit beschließen.
2. Legalisierung von Cannabis Die neue Bundesregierung möchte Cannabis legalisieren. Die „kontrollierte Abgabe an Erwachsene zu Genusszwecken“ soll in Zukunft in lizensierten Fachgeschäften möglich sein. Eine Legalisierung bedeutet Qualitätskontrolle und verhindert den Konsum verunreinigter, gefährlicher Drogen. Außerdem wird der öffentliche Kontrollapparat entlastet. Ein wichtiger Aspekt ist, dass der Jugendschutz verstärkt wird und gewährleistet bleibt. Nach vier Jahren soll das Gesetz auf gesellschaftliche Auswirkungen hin evaluiert werden.
3. Umwelt- und Klimaschutz Im Bezug auf den Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel setzt sich die Koalition dringend notwendige Ziele. Der bis 2038 geplante Kohleausstieg soll auf 2030 vorgezogen werden. Zudem sollen im selben Jahr 80% des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Im Jahr 20230 soll Deutschland mit mindestens 15 Millionen Elektro-PKW zum Leitmarkt für die Elektromobilität im Individualverkehr werden. Außerdem sollen ab 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Durch einen Klimacheck für neue Gesetze wird der Umweltschutz künftig stärker in Entscheidungen der Bundesregierung einwirken. Ministerien sollen demzufolge beim Entwurf von neuen Gesetzen prüfen, ob diese mit den nationalen Klimazielen übereinstimmen. Initiativen wie „Fridays for Future” kritisieren die Klimaziele aber als nicht weitreichend genug.
4. Schwangerschaftsabbrüche Der stark umstrittene Paragraph 219a StGB, das Verbot von Werbung für Schwangerschaftsabbrüche, soll nun endlich abgeschafft werden. Demnach wird es Ärzt*innen bald möglich sein, über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren ohne strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Ziel sei es laut Koalitionsvertrag, so das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zu stärken. Ferner soll die Online-Beratung zur Abtreibung gestärkt werden.
5. Führerschein ab 16 Jahren Laut Koalitionsvertrag wird die neue Bundesregierung begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen. So werden „Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr [geschult]“. Momentan dürfen Jugendliche erst ab einem Alter von 17 Jahren unter Aufsicht eines Erwachsenen mit Fahrerlaubnis selbst Auto fahren.
6. Bildungsgerechtigkeit für alle Die Ampel verspricht „Bildung und Chancen“ für alle. So soll die frühkindliche Bildung gestärkt werden durch einen Ausbau des Betreuungsschlüssels, die Stärkung der Sprachförderung und mehr Ganztagsangebote. Mehr Personal an Schulen und eine bessere Ausstattung solcher Einrichtungen mit hohem Anteil an sozial benachteiligten Schüler*innen würden demnach künftig gleiche Bildungschancen garantieren. Auch der Digitalpakt kehrt zurück und erlaubt es dem Bund, die technische Ausstattung der Schulen in den Ländern unbürokratisch zu unterstützen.
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