Aus der Perspektive des Feindes. „Die Tribute von Panem“ mal aus einem ganz anderen Blickwinkel.
Zum vierten Mal nimmt uns die Autorin Suzanne Collins nun schon in die Welt Panems mit. Diesmal jedoch nicht an der Seite von Katniss Everdeen, sondern an der ihres größten Feindes: Coriolanus Snow.
Stipendium fürs Studium
Coriolanus, von seinen Freuden Coryo genannt, den wir als Präsidenten Panems, als Befürworter der Hungerspiele und als einen Tyrannen kennen gelernt haben, begleiten wir nun als 18-jährigen Jungen, der dem System des Kapitols ausgeliefert ist.
Der Krieg ist erst zehn Jahre her und seit zehn Jahren werden jährlich die Hungerspiele, als Mahnung an die Lebenden, veranstaltet. Die Hungerspiele sind erst am Anfang und noch lange erreichen sie nicht die Größe der Spiele, in denen Katniss als Tribut antrat. In diesem Jahr sollen Schüler*innen der Akademie des Kapitols als Mentor*innen für die Tribut*innen zur Verfügung stehen.
Für Coryo ist das die Chance auf ein Stipendium für die Universität. Denn im Krieg hat er seine Eltern und danach das Vermögen der Snows verloren. Zum Handlungszeitpunkt lebte er mit seiner Großmutter und seiner Cousine Tigris, die wir ebenfalls aus der Panem-Trilogie kennen, zusammen in einem Apartment, das sie sich nicht mehr leisten können.
Als Tribut wird im Lucy Gray Baird aus Distrikt zwölf zugeteilt. Was sich zunächst als totaler Flop darstellt, entpuppt sich schon nach wenigen Minuten als potenzielle Gewinnerin. Nicht nur die Zuschauer*innen sind von Lucy Gray begeistert, sondern auch Coryo sieht mehr in seiner Tributin, als er sollte.
Wie alles anfing
Durch das Buch erfahren wir, wie die Hungerspiele ihren Anfang nahmen und wie sie immer weiterentwickelt wurden. Die Schüler*innen der Akademien bringen die Wetten und die Drohnen mit Geschenken in die Arena. Lucy Gray wird als die in die Geschichte eingehen, die die Unterhaltung in die Hungerspiele brachte, da sie eine begnadete Sängerin war. Und Coriolanus lernen wir von einer Seite kennen, die liebevoll und besorgt sein kann.
Leider weiß man durch die vorangegangenen Bücher, dass es für Coryo und Lucy Gray keine gemeinsame Zukunft gibt. Ich frage mich, was aus Coryo geworden wäre, wenn er Lucy Gray nicht verloren hätte. Wäre er dann zu dem geworden, den man so verabscheut? Spannend sind auch die Zusammenhänge zwischen den Hauptbüchern und dem Prequel.
Die Lieder „Der Henkersbaum“ und „Unter der Weide“ stammen aus der Jugend von Coriolanus, genau wie seine Liebe zu Rosen. So kam er während seiner Zeit in Distrikt zwölf mit der Pflanze Katniss in Berührung. Deshalb kann ich seinen Hass auf Katniss Everdeen etwas nachvollziehen, denn sie ist das Symbol für alles, was er verabscheut, weil er es verloren hat.
Das Ende war etwas enttäuschend, da es eine ziemlich schnelle Wendung gab, die für mich nicht direkt nachvollziehbar war und weil ich mir doch ein glückliches Ende gewünscht habe. Dennoch empfehle ich „Die Tribute von Panem X: Das Lied von Vogel und Schlange“ jedem Tribute-von-Panem-Fan, der den jungen Coriolanus Snow auf seiner Reise zur Macht begleiten möchte.