Was für viele unvorstellbar ist, ist für Robin bittere Realität. Von der Qual, im falschen Körper gefangen zu sein.
Früher ging man davon aus, es gäbe zwei Arten von Menschen: Mann und Frau. Man würde so geboren, wie das Schicksal es vorgibt und das sei nicht veränderbar, geschweige denn hinterfragbar. Doch heute weiß man, das Geschlecht ist nicht immer so eindeutig. Eins von 2.000 Babys hat kein eindeutiges Geschlecht.
Robin (13), als Chantal geboren, hat sein biologisches Dasein als Individuum selbst hinterfragt. Im Interview mit der Herderzeitung klärt er auf, wie es ist, im falschen Körper geboren zu sein. Mit dabei ist auch sein Freund Luca (16).
Was hat dich dazu gebracht, dass du dir gesagt hast, nein, ich kann mich mit diesem Körper nicht identifizieren?
Ich fühle mich einfach unwohl in meinem weiblichen Körper. Dass ich ein Junge sein will, habe ich bereits im Kindergarten gemerkt. In der siebten Klasse wurde mir klar, dass ich kein Mädchen sein will. Ich mag mich als Frau einfach nicht. Immer wenn ich etwas tue, was eher den Stereotypen des Mannes entspricht, dann fühle ich mich wohler und besser. Das merken auch meine Freunde.
Wenn ich das richtig verstehe, dann quält dich dein biologischer Körper und du möchtest dem entfliehen, indem du eine Geschlechtsumwandlung machst?
Ja genau, mein kompletter Körper stört mich, von oben bis unten. Das hast Du gut formuliert. Es quält mich, ein Mädchen zu sein.
Glaubst du, dass du im falschen Körper geboren wurdest, also dein Wesen das eines Jungen ist und du dich deshalb unwohl fühlst?
Ich denke wirklich, dass ich im falschen Körper geboren wurde. Allein dieser Gedanke, dass ich gerne ein Junge sein will, terrorisiert mich seit Jahren und in geringer Form schon mein ganzes Leben lang. Ich kann es nicht wirklich erklären, aber ich bin der festen Überzeugung, dass mein Gehirn einfach das eines Jungen ist.
Kannst du dieses quälende Gefühl genauer beschreiben?
Naja, es ist schwer zu beschreiben, aber alles, was man als Frau hat, gehört irgendwie nicht zu mir. Es ist, als gehört es jemand anderem, nicht mir selbst. Als ich zum Beispiel Brustbinder nahm, fing ich an zu weinen, weil es mich so sehr störte.
Was war der Anlass zu sagen: Ab jetzt ändere ich mein Leben und werde ein Junge?
Das war in der siebten Klasse, als mein jetziger Freund sich outete und seiner Klasse mitgeteilt hat, dass er ein Junge sein will. Ich kannte ihn von einem Transgender-Club, bei dem viele Testosteron nehmen. Mit vielen bin ich befreundet und das hat mir Mut gegeben.
Von welchem Geschlecht fühlst du dich angezogen oder hat für dich das Geschlecht bei der Liebe keine Rolle?
Zwar habe ich einen festen Freund, aber für mich spielen das Aussehen oder Geschlecht keine Rolle. Entscheidend sind einfach der Charakter und die Persönlichkeit.
Was sagen deine Eltern eigentlich zu deiner Entscheidung?
Das ist eine ganz lustige Sache. Wir saßen am Esstisch und aus dem Fenster schrie eine Freundin von mir nach Robin. Es hat meine Eltern verwirrt, warum ich so genannt wurde. Dann habe ich mich geoutet. Mein Vater will es nicht akzeptieren und nennt mich weiter bei meinem Mädchennamen, Chantal. Meine Mutter unterstützt mich. Sie hat einfach gesagt: „Wenn es so ist, dann ist es eben so!“ Ich war auch beim Psychologen und mach das auch schon sehr aktiv.
Wenn du komplett zum Jungen werden willst, gehören Testosteron und eine Geschlechtsoperation dann dazu?
Absolut! Wenn alles klappt, bekomme ich schon bald meine erste Testosteronspritze. Ich freue mich auf die Geschlechtsoperation, die man aber leider erst mit achtzehn Jahren machen kann.