Maskenverweigerer*innen und Coronaleugner*innen sammeln sich: Ein großer Haufen Intoleranz.
Deutschland kommt ganz gut weg bei der Pandemie. Dank dem weitentwickelten Gesundheitssystem und unseren gut ausgestatteten Krankenhäusern hat es uns nicht so hart getroffen. Durch gezielte Maßnahmen, die Disziplin und das Durchhaltevermögen jedes*jeder Einzelnen ist die deutsche Bevölkerung der Krise entsprechend entgegengetreten. Sätze wie diese hörte man in den vergangenen Wochen häufig. Nun jedoch artikulieren die Virologen und anderen Experten deutlicher, es wird zur Achtsamkeit gemahnt.
Maskenmuffel trotzen den Regeln
Nach fünf Monaten werden einige Menschen leichtsinniger. Im öffentlichen Personennahverkehr sehe ich Personen, die sich bewusst dagegen entscheiden, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Bereits seit geraumer Zeit gibt es in Berlin ein Bußgeld für die Verweiger*innen. Die BVG nennt sie auf ihren Fahrgastinformationstafeln verharmlosend „Maskenmuffel“.
Massenprotest in Berlin
Menschen mit verschiedenen politischen Einstellungen und unterschiedlichen Beweggründen sammeln sich regelmäßig und protestieren gegen die Corona-Strategie der Bundesregierung. Impfgegner*innen, die gegen eine Impfpflicht demonstrieren, obwohl ein Impfstoff noch längere Zeit nicht auf dem Markt sein wird, bunt gekleidete Rentner*innen, die in einem Rausch der Glücksgefühle und voller Hochmut das Ende der Pandemie feiern und auch langhaarige Rockfans, die Fahnen mit Flaggen eines Reiches in die Luft halten, in dessen Gesellschaft sie höchstwahrscheinlich für ihre Frisur hinter Gittern gelandet wären. Sie alle stehen dicht an dicht, ohne Maske und schreien sich die Seele aus dem Bauch. So auch am 1. August in Berlin.
Wenn man für die Aufhebung von Schutzmaßnahmen wegen in Deutschland geringbleibenden Infektionszahlen demonstriert und doch als Veranstalter*in einer solchen Demonstration gleichzeitig einen neuen Infektions-Hotspot kreiert, dann lässt sich doch über die Sinnhaftigkeit dieser Veranstaltung herrlich streiten.
Dass die Polizei das Event dann nach einigen Stunden um 17 Uhr auflöste, weil offensichtlich Abstandsregeln missachtet und Schutzmasken weitestgehend nicht getragen wurden, war für manche Teilnehmer*innen der Demonstration gar eine Bestätigung ihrer Thesen. Für mich war dieser Eingriff absolut überfällig und hätte schon viel früher geschehen müssen.
Auslöser für grundlegende Debatte
Ob es richtig gewesen wäre, die Veranstaltung im Vorhinein abzusagen und ob die Behörden in Zukunft sensibler mit der Genehmigung solcher Demonstrationen sein sollen, darüber streiten sich die Geister. Natürlich ist es ganz wichtig zu sagen, dass die Grundrechte auch während einer Pandemie gelten und gelten müssen, und so muss es auch das Recht auf Versammlung und eine freie Meinung weiterhin geben. Jedoch steht diesen Grundrechten im Moment das teilweise lebensbedrohliche und gefährliche Coronavirus gegenüber.
Während sich die Justizministerin Christine Lambrecht beispielsweise gegenüber dem Spiegel gegen eine Absage solcher Veranstaltungen wie in Berlin ausspricht und sagt, sie fände es ganz wichtig, dass wieder Demonstrationen stattfinden können und Menschen dort ihre Meinung, auch zur aktuellen Corona-Politik der Bundesregierung, frei und öffentlich äußern können, präferieren andere gewisse Einschränkungen. Ich denke, dass man auch in diesen Zeiten den garantierten Grundrechten aller, der Versammlungsfreiheit und der freien Meinungsäußerung gerecht werden muss. Jedoch geht das Ganze nicht, wenn wie in Berlin die Rechte Dritter und die öffentliche Sicherheit verletzt werden.
Allein schon der Fakt, dass die Demonstrant*innen Freiheit zurückfordern und gleichzeitig von einem der essenziellsten Grundrechte Gebrauch machen, eine ihrer größten Freiheiten gerade in Anspruch nehmen und ihre verkorkste Meinung lautstark in die Berliner Sommerluft grölen, zeigt doch, dass sich das Demokratieverständnis dieser Menschen auf ein eher geringeres Level beläuft. Denn dass auch diese Menschen das Recht haben, ihrer Stimme Gehör zu verleihen, genau das und nichts anderes ist Demokratie.
Mal ganz nebenbei: Wer unter dem Motto „Tag der Freiheit – Das Ende der Pandemie“ mit 20.000 Menschen demonstriert und dabei unter Nichteinhaltung von jeglichen Abständen die zweite Welle guten Gewissens so gut wie einläutet, der sollte doch vielleicht einmal überlegen, wie stark ihm*ihr die Abschaffung von Schutzmaßnahmen wirklich am Herzen liegt.
Vorsicht ist geboten
Fakt ist, dass die Infektionszahlen wieder steigen. Zunehmend werden die Menschen unachtsamer. Das beginnt in der Bahn, das gilt für Massenpartys in Parks und nicht zuletzt steigen die Zahlen, weil viele Menschen sich ohne Wahrung jeglicher Vorsichtsmaßnahmen in Urlaubsgebieten wie Spanien, Italien, Kroatien etc. vergnügen.
Unabhängig von der Diskussion über das Demonstrationsrecht anlässlich des Massenprotests in Berlin müssen wir aufpassen, dass Deutschland nicht still und leise in eine zweite Infektionswelle rutscht. Die Unachtsamkeit von einem prozentual geringen Teil der Bevölkerung würde den vielen vernünftigen Menschen auf die Füße fallen. Unseren bisherigen Erfolg in der Bekämpfung der Pandemie dürfen wir jetzt nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen.