Geschich­te wird leben­dig: Mit dem Insta­gram-Kon­to @ichbinsophiescholl wol­len SWR und BR his­to­ri­sche Quel­len attrak­ti­ver machen.

Sich über Insta­gram wei­ter­bil­den, his­to­ri­sche Ereig­nis­se selbst erfah­ren und eigent­lich tote Men­schen wie­der zum Leben erwa­chen – ein für vie­le nicht vor­stell­ba­res Kon­zept. Doch der SWR und der BR haben gemein­sam bewie­sen, dass genau das mög­lich – und nicht nur das -, vor allem auch wir­kungs­voll ist. Zu Ehren von Sophie Scholls 100. Geburts­tag erzäh­len die Sen­der auf dem Insta­gram-Kon­to @ichbinsophiescholl die letz­ten zehn Mona­te ihres Lebens nach. 

Sophie Scholl auf Instagram: Das steckt dahinter

Dabei spielt sich das Meis­te in der Insta­gram-Sto­ry des Kon­tos ab. Eine Schau­spie­le­rin als Sophie Scholl spricht in die Kame­ra, wie man es sonst von Influencer*innen gewöhnt ist. Sie erzählt von ihrem all­täg­li­chen Leben, ihrer Fami­lie und kri­ti­siert das Naziregime. 

Dabei gibt es sowohl nach­er­zähl­te Skrip­te, als auch von der Künst­le­rin Edith Car­ron gezeich­ne­te Ani­ma­tio­nen und Ori­gi­nal­ma­te­ri­al. Gefilmt wur­de das Pro­jekt von Mit­te März bis Mit­te Mai des letz­ten Jah­res. Dabei wur­den die Sto­ries von der Haupt­dar­stel­le­rin Luna Weder selbst gedreht, qua­si aus Sel­fie-Per­spek­ti­ve. Wahr­schein­lich hängt das nicht zuletzt auch damit zusam­men, dass die Dreh­ar­bei­ten mit­ten in den ers­ten Lock­down fielen. 

Damit die­se Sto­ries für län­ger fest­ge­hal­ten wer­den kön­nen, soll im Nach­hin­ein eine Zusam­men­fas­sung bei IGTV hoch­ge­la­den werden. 

Alte Fakten, neues Format

Screenshot des Instagram-Profils @ichbinsophiescholl
Das Insta­gram-Pro­fil @ichbinsophiescholl

Eine Inspi­ra­ti­on für die­ses Pro­jekt war ver­mut­lich der Account @eva.stories. Dies ist zumin­dest der ein­zi­ge von der Sei­te abon­nier­te Account.  Auf dem in eng­li­scher und hebräi­scher Spra­che geführ­ten Account wur­den vor gut einem Jahr auf ähn­li­che Art und Wei­se die Geschich­te des jüdi­schen Mäd­chen Eva und ihre Ein­drü­cke unter dem Nazi-Regime gezeigt. Das Pro­jekt lief unter dem Ziel, den Holo­caust nicht in Ver­ges­sen­heit gera­ten zu lassen.

Ähn­li­ches wol­len auch der Bay­ri­sche Rund­funk und der Süd­west­rund­funk errei­chen und es für jun­ge Men­schen attrak­tiv gestal­ten, sich mit der Geschich­te aus­ein­an­der­zu­set­zen. So fühlt es sich an, als wür­de man einen neu­en Men­schen ken­nen­ler­nen. Insta­gram dafür als Ver­mitt­lungs­me­di­um zu nut­zen ist ziel­grup­pen­ge­recht. Nicht jede*r hät­te Lust, sich einen mehr­stün­di­gen Film über Sophie Scholls Leben zu gucken. Das Glei­che jedoch in kur­ze Sto­ries zu ver­pa­cken, macht das neue For­mat mög­lich. Außer­dem erhält man einen ande­ren Blick­win­kel. Anstatt nur die Eck­da­ten zu wis­sen, lernt man Sophie Scholl auf einer sehr per­sön­li­chen Ebe­ne kennen.

Kritik am Projekt

Jedoch gab es auch Kri­tik. So wur­de die Aus­wahl von Sophie Scholl für die Reprä­sen­ta­ti­on des Akti­vis­mus in der NS-Zeit oft bemän­gelt. Sophie Scholl pro­fi­tier­te auf­grund ihrer nicht-jüdi­schen Her­kunft von dem Sys­tem. Außer­dem wird ihr Vor­ha­ben vor allem durch ihren Kampf für ihre per­sön­li­che Frei­heit und nicht der Befrei­ung von Jüd*innen charakterisiert. 

Zudem ant­wor­tet der Account im Namen von Sophie Scholl auf Kom­men­ta­re. So ver­wi­schen die Gren­zen zwi­schen der Figur und der Redak­ti­on dahin­ter. Die nicht voll­stän­di­ge his­to­ri­sche Ein­ord­nung und auch die feh­len­de Inves­ti­ti­on in die Auf­ar­bei­tung der NS-Zeit sor­gen bei eini­gen für ein ungu­tes Gefühl. 

Den­noch ist das Pro­jekt ein schö­ne Ergän­zung zu geschicht­li­cher Auf­klä­rung und wei­te­rer Auf­ar­bei­tung. Es soll­te jedoch wie über­all nicht alles ein­fach hin­ge­nom­men, son­dern kri­tisch reflek­tiert und hin­ter­fragt werden.

Unse­re Autorin Eli­sa for­dert, dass Geschichts­bü­cher umge­schrie­ben wer­den: Denn auf so viel Sei­ten muss mehr Platz für Frau­en­rech­te sein.

Bild: BR/Filmcontact
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