Er malt, segelt und besteigt Berge. Der Unterricht von Herrn Schlegel soll genauso abwechslungsreich sein wie seine Hobbys, sagen seine Schüler*innen.
Wir alle kennen das. Man hat mit einem*einer Lehrer*in Unterricht und fragt sich, was wohl sein*ihr Hassfach war oder weshalb er*sie Lehrer*in geworden ist. Dafür gibt es das Lehrer*inneninterview. Diesmal haben wir mit Herrn Schlegel gesprochen. Er unterrichtet noch bis Ende des Schuljahres Biologie und Geografie an unserer Schule.
Warum sind Sie Lehrer geworden?
Warum bin ich Lehrer geworden? Ich habe ganz lange beim Film gearbeitet und habe gemerkt, dass mich das nicht erfüllt. Also, es hat ganz viel Spaß gemacht und ich habe dort auch eine echt gute Zeit gehabt, aber ich habe gemerkt, dass ich da Sachen produziere, die mich dann nicht mehr interessiert haben. Ich habe ganz selten Filme, die wir gedreht haben, angeguckt, weil es meistens ziemlicher Mist war. Ich habe mir meistens gedacht, ich will irgendwas machen, wo ich mehr von dem mitbekomme, was ich mit anderen zusammen produziere.
Das ist vor allem mit jungen Menschen zusammen sehr cool. Dass man jeden Tag Produkte zusammen schafft und Dinge zusammen erreicht sagt, cool, das haben wir zusammen geschafft. Und wenn das im Idealfall auf einem Level funktioniert, wo alle dieses Produkt irgendwie wertschätzen, also die Schüler*innen selbst und die Lehrkräfte auch, dann finde ich das sehr schön und sehr motivierend. Das war entscheidend dafür das ich meinte, das will ich lieber machen.
Was mögen Sie an Ihrem Beruf am liebsten?
Ganz klar Feedback der Schüler*innen. Also zu erleben, dass man sich gar nicht so begrenzt auf das Vorankommen, sondern einfach zusammen Produkte entwickelt, zusammen Dinge herausfindet, sich zusammen weiterentwickelt. Dass Schüler*innen einem dabei helfen sich selbst auch weiterzuentwickeln und dass dieser Beruf viel mehr Ebenen hat als zu sagen, ich gucke jetzt mal, was mit meinen Schüler*innen passiert. Und dass ich davon am Ende auch selbst profitiere.
Das ist das, was mir in der Zeit des saLzH-Unterrichts, wo man gar keinen Kontakt zu den Schülern hatte, schwergefallen ist. Das Feedback bekommt man noch indirekter und man hat viel weniger das Gefühl, dass man zusammen etwas produziert. Das vermisse ich ganz doll. Gerade in der Zeit zu Hause habe ich von meiner neunten Klasse gehört, dass sie super gerne Projekte machen und sich sehr auf eins in Geo freuen. Dann ist das genau der Punkt wo man sagt, cool, da entwickeln wir uns anscheinend zusammen weiter und scheinbar kriegen wir das auch hin, dass die Leute weiter Lust draufhaben.
Wenn Sie sich entscheiden müssten: Geografie oder Biologie?
Es gibt die Biogeografie, das ist total gut, da ist das beides verbunden. Die Geografie ist noch ein bisschen gesellschaftlicher, finde ich – auch wenn mein Vater mich jetzt lynchen würde. Auch wenn man in der Biologie immer mehr Gesellschaftsrelevanz und ganz viel Tiefe und ganz viel Multiperspektive bekommt. Ich glaube, dass ich da aus Geo ein bisschen mehr aus dem Diskurs mit den Schüler*innen bekommen kann.
Wieso haben Sie sich für diese Fächerkombination entschieden?
Die Entscheidung für Geografie fiel, weil es ein unglaublich modernes Fach ist, welches nur mit Alltagsrelevanz arbeiten kann. Es ist eigentlich gar nicht anders möglich, die Inhalte des Rahmenlehrplans umzusetzen, ohne Alltagsrelevanz, auch Schüler*innenbezug und Zukunftsbezug. Was eure und unsere Zukunft angeht, muss verarbeitet werden. Man kann Geografie eigentlich gar nicht erlernen und lehren, ohne permanent im Alltag und in der Gegenwart zu sein und auch Zukunftsbezüge darzustellen. Das finde ich ganz toll.
Und Biologie finde ich einfach eine wahnsinnig spannende Naturwissenschaft, die sich stark entwickelt. Die auch viel ethischer wird im Vergleich zu früher und mein Vater ist alter Biologe und ich war schon früher als Kind oft auf Exkursionen mitgegangen. Das hat mich geprägt.
Was war in Ihrer Schulzeit Ihr Hassfach?
Mein Hassfach… okay. Wie viel Platz gibt es für die Antwort? [lacht]
Es gab kein Fach, das ich gehasst habe. Ehrlich gesagt gab es nur Lehrer*innen, die ich gehasst habe.
Herr Schlegel im Gespräch mit der Herderzeitung
Was ich überhaupt nicht mochte, war Mathe. Wobei ich sagen muss, ein Hassfach war es auch nicht. Ich hatte immer das Gefühl, ich kann das nicht und dann hat es mich geärgert. Ich glaube, ich habe kein Fach gehabt, das ich gehasst habe. Ich habe ehrlich gesagt nur Lehrer*innen gehabt, die ich gehasst habe. Ich hatte nie einen Hass auf das Fach, sondern immer nur auf die Leute.
Was wollten Sie früher werden?
Da ist jetzt die Frage wie klein, aber ich wollte auf jeden Fall mal Kameramann werden. Bin ich ja dann auch geworden.
Haben Sie Vorbilder?
Vorbilder finde ich immer schwierig, aber wem ich viel Lebensweisheiten abgewinnen kann, sind Leute wie Janosch, der ja gerade 90 Jahre alt geworden ist. Generell orientiere ich mich gerne an Menschen, die früh erkannt haben, was das richtige an einer Zusammenarbeit, an einer Gesellschaft ist.
Zum Beispiel – wobei ich den nie als Vorbild bezeichnen würde – der Geograf Alexander von Humboldt lebte in einem Zeitalter, wo sowas echt keine Rolle gespielt hat. Er hat sich in seinen Reisen für die Rechte von Menschen eingesetzt, die dort als Sklaven verkauft worden sind und hatte schon damals ein Selbstverständnis dafür, dass man nicht weltoffen sein kann, wenn man die Welt nicht gesehen hat. Außerdem kann man nicht irgendwo hingehen und die Leute behandeln als wären sie etwas Schlechteres. Er war ein fortschrittlicher Mensch für das Zeitalter. Das Schwierige ist immer, man weiß nicht, inwieweit es dann so ablief, wie es heute transportiert wird. So wie es transportiert wird, finde ich ihn sehr beeindruckend.
Es gibt auch heutzutage viele Menschen, die Vorbilder für mich sind. Wie meine Eltern, die mir von Anfang an, in einem Zeitalter, in dem das nicht modern war, Dinge wie Gender Equality beigebracht haben, auch als ich ganz klein war. Oder dass Rassismus einfach Mist ist. Das sind schon irgendwie Vorbilder.
Würden Sie sich eher als Optimist oder Pessimist beschreiben?
Ganz klar Optimist.
Was ist Ihre tägliche Motivation?
Meine tägliche Motivation sind meine Kinder. Ganz klar. Meine tägliche Motivation ist aber auch, Dinge zu erreichen. Damit meine ich nicht unter dem Leistungsgedanken, sondern ich möchte am Ende jedes Tages gesagt haben, ich habe heute das gemacht, wo ich auch Bock drauf hatte. Das ist zurzeit gar nicht so leicht in dieser Phase, in der wir gerade sind.
Was echt schwierig ist und was uns ganz oft Motivation kostet ist, wenn man sagt, ich kann zu wenig das machen, worauf ich Lust habe. Dann sage ich mir, ich habe am Tag meine halbe Stunde gehabt, wo ich das gemacht habe. Dafür bin ich niemandem Rechenschaft schuldig, nur weil mir das gefällt. Das ist auch eine tägliche Motivation.
Haben Sie einen Lieblingswitz? Können Sie diesen mit uns teilen?
Wie nennt man einen Bumerang der nicht zurück kommt? Einen Stock. [lacht] Den hat meinen Sohn neulich erzählt. Fand ich lustig.
Womit beschäftigen Sie sich am liebsten in Ihrer Freizeit?
Wenn ich dazu komme, dann klettern. Zurzeit läuft es eher auf Bouldern hinaus, weil ich für alles andere keine Zeit habe. Ich gehe sehr gerne wandern, bergsteigen, mit meinem Papa segeln, mit meinen Kindern raus, mit meiner Familie raus. Ich male gerne. Ich spiele gerne Gitarre.
Haben Sie Haustiere?
Nein.
Hätten Sie gerne Haustiere?
Joa. Unter der Voraussetzung, dass ich irgendwie einen riesigen alten Bauernhof irgendwo auf dem Land hätte, dann hätte ich bestimmt verschiedenste Tiere. Aber in meinen derzeitigen Lebensumständen hätte ich gerne keine.
Wenn Sie jetzt davon ausgehen würden, Sie hätten einen Bauernhof, was für Tiere würden Sie dann haben wollen?
Dann hätte ich gerne einen Esel.
Haben Sie eine Lieblingsfrucht? Wenn ja, welche?
Eine Lieblingsfrucht? Ja… Ist es stumpf, wenn ich Apfel sage?
Reisen Sie gern?
Ja, sehr sehr gern. Bei Reisen möchte ich mir vor lauter „ich will unbedingt was ganz tolles erleben“ aber keinen Druck setzen. Ich möchte, dass man rausgehen kann, wandern kann. Aber ich finde es natürlich auch sehr wichtig und versuche es auch, mit den Kindern zusammen kulturell viel mitzubekommen und mitzubekommen, dass wir auch hier in Europa und Zentraleuropa nur ein kleiner Fleck sind.
Gleichzeitig ist es natürlich gerade etwas schwierig, wie das vereinbar ist mit dem, was ich meinen Schüler*innen bezüglich der Klimakrise erkläre. Wenn man permanent mit dem Flugzeug um den Globus steuert, ist das auch nicht so cool. Deswegen versuche ich gerade regionaler zu reisen. Generell reise ich schon sehr gerne und würde auch gerne weiter wegreisen. Vielleicht mal mit dem
Wie fühlt es sich an, der coolste Lehrer zu sein?
Das kann ich so schwer beschreiben, weil ich nicht wusste, dass ich der coolste Lehrer bin. Nein, das fühlt sich total gut an. Das kann ich ganz klar sagen. Das bekommt man über Feedback ja auch indirekt mit, also ohne, dass mir jetzt jemand sagt: „Herr Schlegel, Sie sind der coolste Lehrer.“ Aber wenn man das Feedback wahrnimmt, dass Schüler*innen gerne in den Unterricht kommen, dass Schüler*innen definitiv sehr motiviert sind und motiviert werden durch meinen Unterricht und damit auch durch meine Person, dann ist das ein ganz tolles Gefühl.
Wollen Sie noch jemanden grüßen?
Ja! Ich grüße alle im Geo-Grundkurs geo2, die Klasse 9ds, die Klasse 8bs, die Klasse 8ds und meine Kolleginnen und Kollegen.
Wir bedanken uns herzlich bei Herrn Schlegel für das Interview!
Zuletzt haben wir mit Frau Ulrichs gesprochen, die die Schule ebenfalls nach ihrem Referendariat verlassen hat.