Jedes Stück Kleidung erzählt eine Geschichte. Wie die Mode gesehen und in ein falsches Licht gerückt wird.
Jeden Tag vor der Schule wachen wir auf, bürsten unsere Haare, putzen unsere Zähne und ziehen uns an. Manche stellen sich vor den Kleiderschrank und ziehen mit geschlossenen Augen etwas heraus. Anderen ist fast alles egal und nur wichtig, dass die Kleidung gemütlich ist. Wieder andere haben sich schon am Abend zuvor ihre Sachen zurechtgelegt.
Egal worauf wir alle Wert legen, es ist unbestreitbar, dass Mode Teil unseres Alltages ist.
Kleidung gibt es, seit es Menschen gibt
Kleidung gibt es, seit es den Menschen gibt. Und manche würden behaupten, dass es deshalb auch schon immer Mode gab.
Damals, Wissenschaftler*innen gehen von einer Zeit vor mindestens 100.000 Jahren aus, hatte Kleidung den Zweck warm zu halten, Überlebenschancen zu maximieren. Viele Menschen gehen aber davon aus, dass Mode, so wie wir sie kennen, erst wirklich in der Renaissance entstand. Sie war natürlich zuerst eher eine Angelegenheit der Aristokraten, da sie Kleidung als Statussymbol nutzten, um ihre politische Macht kundzutun.
Mode ist ein Mittel
Daran kann man erkennen, dass Kleidung schon immer als Mittel angesehen wurde, sei sie ein Wärmespender zum Überleben in frühen Zeiten oder später sowie auch heute Ausdruck des Sozialstatus. Doch warum ist Mode zu so einem Mittel geworden? Warum kann Kleidung nicht einfach nur Kleidung sein?
Die Kleidung, die ein Mensch trägt, kann man sofort sehen. Sie ist offen sichtbar, jeder kann sie augenblicklich erkennen und sich selbst eine Meinung bilden. Kleidung ist also nicht einfach nur Kleidung, sondern automatisch etwas Politisches, etwas Soziales, eben auch ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und Kreativität.
Mode ist politisch
Es gibt verschiedene Wege, um zu protestieren, aber einer, der in der Geschichte immer wieder auftaucht, ist der Protest durch Kleidung.
In den 1920-ern entstand die Mode und Kultur der Flapper. Flapper trugen kurze Kleider mit nicht betonten Taillen und kurze Haare. Dieser Stil kann als ein ein Protest gegen viktorianische Normen aufgenommen werden, wie etwa die traditionellen Ideen der Rolle der Frau. Mit dieser Mode wurden eine Freiheit in Entscheidungen und Promiskuität, also der Wechsel sexueller Partner*innen, verbunden.
Kurz davor, am Anfang des 20. Jahrhunderts, nutzen die Suffragettes, die sich für das Wahlrecht von hauptsächlich weißen Frauen einsetzten, Mode ebenfalls als Mittel. Sie trugen weiße Kleider mit verschiedenfarbigen Schärpen, um visuellen Indikatoren von Weiblichkeit ihren Zweck anzueignen. Dadurch konnte ihnen auch nicht unterstellt werden, Männlichkeit nachzuahmen.
Weiße Kleidung wird auch heute genutzt, um gegen Geschlechterungleichheit zu protestieren. So kleidete sich ein Teil der Frauen des amerikanischen Kongresses 2019 weiß, darunter die Repräsentantin Alexandria Ocasio-Cortez (AOC) für das diesjährige Cover der Vanity Fair. Auch im Alltag kann man oft politische Statements auf Jacken, Shirts, Mützen und Taschen in Form von Schriftzügen und Buttons erkennen.
Mode ist Kunst
„Kunst muss gelebt werden.“ In diesem Sinne ist Mode eine der einzigen Kunstformen, die wirklich in den Alltag integriert wird. Man muss zugegeben, dass nicht jede*r Couture- und Runwaymode im Alltag trägt, aber trotzdem ist Mode eine Art des Selbstausdrucks. Durch Kleidung können wir einen gewollten, kontrollierten Teil unserer Selbst der Welt zeigen.
Natürlich ist es schwierig, Kunst zu definieren, da sie sehr subjektiv ist, doch eine allgemeine Definition des Duden ist, dass Kunst ein „schöpferisches Gestalten aus den verschiedensten Materialien (…) in Auseinandersetzung mit Natur und Welt“ ist. Und ist das nicht Mode? Wenn wir uns Runways von verschiedenen Designern angucken: Ist das nicht Kunst? Man könnte fast sagen, dass Mode eine Art Skulpturieren ist. Die Schöpfung verschiedener Silhouetten, mithilfe von verschiedenen Stoffen und Mitteln, um eine Illusion zu erschaffen oder eine Nachricht zu vermitteln, ist doch Kunst.
Mode ist sozial
Manche würden behaupten, dass Kunst und Politik in der Kleidungswahl fernab von jeglicher Realität sind, weshalb sie nicht richtig wichtig für die normale Person sei. Doch wie schon erwähnt, ist Mode etwas, was jede*r sieht, weshalb Kleidung als Art Kommunikation dienen kann.
In der Vergangenheit nutzten Punks verschiedenfarbige Schnürsenkel, um politische Meinungen und Positionen kundzutun. In der Renaissance zeigte graue Kleidung, dass eine Person trauerte, aber auch heute, im Jahr 2020, bringt Kleidung eine Nachricht mit sich. Durch Kleidung kann man Menschen in Kategorien einteilen, man kann sie verschiedenen sozialen Gruppen zuordnen und sie einschätzen. Dies ist nicht unbedingt etwas Positives, da diese Einteilung auf Vorurteilen basiert, aber es hilft, andere Menschen als Gleichgesinnte zu erkennen.
Wenn man sich oft verschiedene Gruppen von Menschen auf dem Schulhof ansieht, ist zu erkennen, dass sie sich oft ähnlich anziehen. Dies ist nichts Schlimmes und nicht immer der Fall, aber es zeigt, dass man ähnliche Menschen gefunden hat. Durch seine Kleidung offenbart man oft Interessen und Vorlieben.
Mode ist nicht oberflächlich
Die Auswirkung und die gesellschaftliche Bedeutsamkeit von Mode werden oft unterschätzt und als etwas angesehen, was nur oberflächige Menschen interessiert. Dies kann man in vielen Filmen und Serien sehen, in denen die weiblichen Antagonisten selbstverliebt, egoistisch, substanzlos und interessiert an ihrem Aussehen auftreten.
Oft wird das Interesse in Mode als etwas Feminines eingestuft, und da wir in einer patriarchalischen Gesellschaft leben, wird alles, was mit Femininität verbunden wird, als etwas Schlechtes angesehen. Dieses Phänomen kann man auch bei Make-up und bei von Frauen geschaffenen Medien sehen. Es wird sehr oft angenommen, dass Kleidung nur etwas sei, was Frauen für Männer machen. Das führt dazu, dass die eigentlichen Wurzeln und Ideen von Mode übersehen werden.
Keinesfalls aber ist Mode synonym zu Oberflächlichkeit. Mode ist eine offene und leicht zugängliche Form von Kunst, die uns verbindet und die uns Einstellungen und Haltungen ausdrücken lässt. Was ist daran oberflächlich?