Im Interview mit den Bundestagskandidat*innen aus Lichtenberg spricht Noreen Thiel (FDP) über die Bedeutung von Mental Health, eine Senkung des Wahlalters und die Digitalisierung der Schulen.
Warum kandidieren Sie für den Bundestag?
„Ich kandidiere für den Deutschen Bundestag, um einerseits junge Menschen für Politik zu begeistern. Ich will zeigen, dass es nicht nur alte Herren gibt, die Politik machen, sondern das jeder junge Mensch, der sich engagiert, hier sehr willkommen ist und seine Chance bekommt. Außerdem will ich als Betroffene stärker für das Thema Mental Health kämpfen – sowohl für ein stärkeres Bewusstsein des Themas, als auch eine bessere Versorgung für betroffene Menschen.”
Was wollen Sie konkret für Lichtenberg erreichen?
„Ich will für die Lichtenberger Schulen moderne und zeitgemäße Lehrmittel. Gerade die Corona-Krise hat uns gezeigt, dass wir dringend digital nachrüsten müssen in den Schulen. Jeder Schüler braucht einen Laptop aus diesem Jahrzehnt und die Lehrer müssen besser damit umgehen können, als ihre Schüler.
Außerdem will ich mich als Betroffene für eine bessere Versorgung psychisch kranker Menschen einsetzten. Dazu gehören ein unkomplizierterer Prozess bis zur Therapie und dann eine schnelle und sichere therapeutische Versorgung.”
Sind Sie der Meinung, dass 16-Jährige ein politisches Urteil fällen können und das Wahlalter ab 16 eingeführt werden sollte?
„Auf jeden Fall! Wir Freie Demokraten befürworten das Wahlalter 16 bei Bundestagswahlen. Wir wollen auch der jungen Generation eine wirksame politische Stimme geben und so die Politik auch zwingen, ihre Anliegen ernst zu nehmen, statt wie bisher sie großteilig zu ignorieren. Es gibt Themen wie die ganze Artikel-13-Debatte, bei der sogar nur junge Menschen überhaupt betroffen sind. Wir wollen ermöglichen, dass auch junge Menschen ihren politischen Willen bei Wahlen ausdrücken können.”
Fridays For Future ist eine sehr große Bewegung, an der vor allem Jugendliche teilgenommen haben. Die größte Forderung der Initiative besteht in der Einhaltung des 1,5‑Grad-Ziels, so wie es im Pariser Klimaabkommen vereinbart wurde. Welche Schritte sind konkret nötig, um dieses zu erreichen?
„Wir setzen beim Klimaschutz auf den Handel mit CO2-Zertifkaten. Dieser ist in den Bereichen, wo er eingesetzt wird, bereits sehr erfolgreich und übererfüllt sogar die Klimaziele. Deshalb wollen wir den CO2-Handel auf mehr Wirtschafts- und Industriebereiche ausweiten. Konzepte wie eine CO2-Steuer lehnen wir entschieden ab, da wir nicht die Menschen in einem Höchststeuerland wie Deutschland noch weiter belasten wollen.”
Sind Sie der Meinung, dass gendergerechte Sprache zur Gleichberechtigung beiträgt?
„Nein. Gendergerechte Sprache ändert ja nichts am Denken der Menschen. Wenn wir echtes Umdenken der Menschen wollen, müssen wir nicht verkopft an Sprache schrauben, sondern Ungerechtigkeiten wie z.B. Lohnungleichheiten beseitigen. Gendern im Sinne von ‚Schülerinnen und Schüler’ finde ich in Ordnung. Zudem ändert sich Sprache natürlich und nicht erzwungen. Eine klare Mehrheit der Menschen in Deutschland lehnt gendergerechte Sprache ab. Sollte der natürliche Wandel irgendwann in diese Richtung gehen, ist das völlig in Ordnung für mich. Ich glaube aber dennoch, dass das Gendern uns in der Debatte um Gleichberechtigung nicht weiterhilft.”
Die Redaktion bedankt sich für das Interview. Das Superwahljahr 2021 wird große Auswirkungen auf die kommenden vier Jahre haben. Die Herderzeitung sprach deshalb auch mit anderen Kandidaten für den Bundestag im Bezirk Lichtenberg.