Im Interview mit den Bundestagskandidat*innen aus Lichtenberg spricht Anja Ingenbleek (SPD) über ihre Herzensthemen, konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz und gendergerechte Sprache.
Warum kandidieren Sie für den Bundestag?
„Ich kandidiere für den Bundestag, weil mir die Zukunft unseres Landes und die Zukunft Lichtenbergs – des Wahlkreises, in dem ich kandidiere – sehr am Herzen liegt. Dabei ist die Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit für mich ein Querschnittsthema. Wir müssen jetzt sowohl für einen sozial verantwortlichen Umgang mit den Auswirkungen der Pandemie sorgen, als auch wichtige Weichenstellungen zu drängenden Zukunftsfragen sozial gerecht gestalten, z.B. in den Bereichen Klimaschutz, Bildungsgerechtigkeit, Arbeit & Mitbestimmung, Gleichberechtigung aller Geschlechter, inklusive Gesellschaft und Verteilungsgerechtigkeit.
Das stellt uns vor viele Herausforderungen, die auf der Bundesebene zu regeln sind. Daran mochte ich mit vollem Einsatz mitarbeiten – für eine nachhaltige Politik der sozialen Gerechtigkeit, die uns auch vor Ort in Lichtenberg zu Gute kommt. Und natürlich wird es mir wichtig sein, im engen Kontakt zu den Bürger*innen zu stehen, deren Interessen ich als Wahlkreisabgeordnete vertrete. Ihre Anliegen werde ich in den Bundestag einbringen, denn für sie will ich konkrete Verbesserungen herbeiführen, die auch wirklich vor Ort ankommen.”
Was wollen Sie konkret für Lichtenberg erreichen?
„Bereits seit einigen Jahren setze ich mich als Bezirkspolitikerin in der SPD und auch als Bezirksverordnete für die Interessen der Lichtenberger*innen ein. Zu den Themen, die hier eine große Rolle spielen, gehört die Situation der Schulen. Für den wachsenden Bezirk ist es besonders wichtig, dass alle Kinder von Anfang an die Chance haben, moderne und gut ausgestattete Schulen mit qualifiziertem Personal zu besuchen. Wir brauchen mehr Schulen mit einer modernen Infrastruktur (analog und digital) und gut aus- und fortgebildetem Personal. Im Bundestag werde ich mich für gezielte Investitionen in die Bildung einsetzen. Denn nach der Lockerung des Kooperationsverbotes ist der Bund umso mehr in der Verantwortung, gemeinsam mit Ländern und Kommunen für eine bessere, zukunftsweisende Ausstattung unseres Bildungssystems zu sorgen – auch in Lichtenberg!
Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist, sind die Stärkung der Demokratie und der Einsatz gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus. Dafür brauchen wir das Demokratiefördergesetz. Entsprechende Projekte und Initiativen müssen auch bei uns vor Ort endlich dauerhaft und verlässlich unterstützt und finanziert werden. Eine Förderung von Projekt zu Projekt reicht hier nicht. Das gilt auch für Maßnahmen der Demokratieförderung in Schulen, denn die Sensibilisierung für demokratische Prozesse und Möglichkeiten der Mitbestimmung kann gar nicht früh genug beginnen. Ein Beispiel dafür sind die Schüler*innenHaushalte, die sich in Lichtenberg an vielen Schulen zum Erfolgsmodell entwickelt haben und deren dauerhafte Förderung und Absicherung mir sehr am Herzen liegt.
Ein dritter Punkt ist die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum. Auch das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und ein wichtiges Thema für Lichtenberg als wachsenden Bezirk. Ich werde auf Bundesebene für Regelungen kämpfen, die Mieter*innen vor überteuerten Mieten und vor der Verdrängung aus unseren Kiezen schützen. Denn Wohnen ist ein Grundrecht, kein Luxus!”
Sind Sie der Meinung, dass 16-Jährige ein politisches Urteil fällen können und das Wahlalter ab 16 eingeführt werden sollte?
„Als Lehrerin weiß ich, dass viele 16-Jährige bereits sehr gut politisch informiert und in der Lage sind, ein politisches Urteil zu fällen. Natürlich gibt es auch Jugendliche, die sich (noch) nicht so sehr für Politik interessieren. Das ist aber auch in anderen Altersgruppen der Fall, die wählen dürfen. Daher bin ich dafür, das Wahlalter auf allen Ebenen auf 16 Jahre abzusenken und jungen Menschen so die Möglichkeit zu geben, mitzubestimmen und mitzugestalten. Schließlich geht es um ihre Zukunft.“
Fridays For Future ist eine sehr große Bewegung, an der vor allem Jugendliche teilgenommen haben. Die größte Forderung der Initiative besteht in der Einhaltung des 1,5‑Grad-Ziels, so wie es im Pariser Klimaabkommen vereinbart wurde. Welche Schritte sind konkret nötig, um dieses zu erreichen?
„Das 2°C‑Ziel kann nur eingehalten werden, wenn wir eine konsequente Klimaschutzpolitik betreiben. Dazu gehört insbesondere die Umsetzung des Kohleausstiegs, der Ausbau und die Förderung erneuerbarer Energien (z.B. Steigerung der Energieeffizienz und Aufbau von Speichertechnologien), denn unser Strom soll bis spätestens 2040 komplett aus erneuerbaren Energien bezogen werden, ein Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern, Kommunen und kommunalen Spitzenverbänden mit verbindlichen Ausbauzielen für erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Geothermie, Investitionen in klimafreundliche Produktionsprozesse (z.B. in der Industrie, bei der Modernisierung von Wohngebäuden, Fabriken und Schulen), eine Beschleunigung beim Auf- und Ausbau einer nachhaltigen Infrastruktur (z.B. Stromnetze, Bahnstrecken, Wasserstoffleitungen und Ladesäulen für Elektroautos), die Förderung klimaschonenden Verhaltens (z.B. durch CO2-Bepreisung, Umweltbonus beim Kauf eines Elektroautos und Förderprogramme zum Heizungstausch) und eine sozial gerechte Finanzierung der Energiewende, damit alle partizipieren können (z.B. CO2-Preis wird von Vermieter*innen getragen und sozial gerechte Ausgleichsmaßnahmen wie Pro-Kopf-Bonus),
Sind Sie der Meinung, dass gendergerechte Sprache zur Gleichberechtigung beiträgt?
Ich halte gendergerechte Sprache für wichtig, wenn es um die Abbildung der Vielfalt unserer Gesellschaft geht. Ich persönlich möchte auch durch meine Wortwahl immer alle Menschen ansprechen und einbeziehen. Das entspricht meinem Gesellschaftsbild, das ich auch durch gendergerechte Sprache ausdrücke. Ich bin der Ansicht, dass gendergerechte Sprache ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Gleichberechtigung ist, weil Sprache das Bewusstsein beeinflusst und zur Sensibilisierung beiträgt. Das alleine reicht aber nicht aus. Wir brauchen auch weiterhin Maßnahmen und Regelungen zur Durchsetzung der Geschlechtergerechtigkeit. Denn am Ziel sind wir noch lange nicht.
Die Redaktion bedankt sich für das Interview. Das Superwahljahr 2021 wird große Auswirkungen auf die kommenden vier Jahre haben. Die Herderzeitung sprach deshalb auch mit anderen Kandidaten für den Bundestag im Bezirk Lichtenberg.